No country for old white men
- Sven
- 26. Sept.
- 5 Min. Lesezeit
Auf einer Fridays-for-Future-Demo regen junge Frauen in erster Reihe via regenbogenbunt bemaltem Pappkarton die Verbrennung einer bestimmten Gruppe von Mitbürgern an, nämlich alter weißer Männer. Der Vorsitzende der Grünen Jugend, ein noch nicht alter weißer Mann namens Jakob Blasel, teilt das Bild via Instagram mit seinen Sympathisanten (1); der eine oder andere Vertreter der „neuen Medien“ findet das empörend und fordert das Eingreifen des Staates, denn so was kann doch nicht erlaubt sein, das ist ja bestimmt nicht Meinung, sondern ein Aufruf zur Gewalt und somit verboten.
Mag sein. So oder so. Oder auch nicht. Indes lenkt das Stürmchen im Wasserglas ja nur davon ab, dass der Vernichtungsplan längst viel konkrete Formen angenommen hat und Früchte trägt, in Form von Leichen. Wie sich höchst offiziell und in nackten Zahlen zeigt.
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In unserem Sonntagsformat B&B (2) hatten Matthias und ich das Thema bereits vor einigen Wochen auf den Punkt gebracht, wie üblich vollständig wahr und daher ganz unglaublich. Es stand und steht ja die Einführung eines sozialen Jahres für uns Baby Doomer an, die Geburtenstarken, um 1964 herum zur Welt gekommen, die im Lauf der nun kommenden Jahre Renten- und Pensionszahlungen aus gänzlich leeren Kassen erwarten. Matthias stellte daher unmissverständlich klar, dieses Pflichtjahr habe nicht er als Beamter mit Doktortitel und Vater von vier Kindern abzuleisten, sondern ich als Nichtbeamter ohne Titel und Vater von drei, Selbständiger und Künstler. Klarer gesagt, ich sei demnächst verpflichtet, für ihn von meinem eigenen Geld einzukaufen und ihm die Einkäufe nach Hause zu tragen, sofern nicht noch was draufkomme, zum Beispiel eine gewisse Pflegebedürftigkeit seinerseits. Meine Pflicht ihm gegenüber bestehe jedenfalls, nun zusätzlich via Sozialjahr meinerseits mit Ende 60, so wie ich ja auch schon seit dem Abitur in der Pflicht stand, ihm seinen Beamtensold zu zahlen sowie die hohen Zuschüsse für seine Kinder (neben dem Kindergeld) sowie seine Beiträge zu Kranken- und Rentenversicherung. So weit, so ernüchternd, aber doch schön, dass wir mal drüber geredet haben.
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Die Betrachtung ist dennoch allzu niedlich, den unberücksichtigt bleibt bei der Rentner-Pflicht zum Dienst am gleichaltrigen Beamten, dass ehemals einzahlende Nichtbeamte ja nach Ableistung ihres sozialen Dienstes am Staatsdiener dennoch Anspruch haben auf eine Rente – wenngleich die weitaus bescheidener ausfällt als die des Beamten. Da die Rentenkasse nun bedauerlicherweise leer ist, aufgrund jahrzehntelanger Misswirtschaft und Korruption von Beamten, ist das dem einzahlenden Nichtbeamten versprochene Geld schlicht nicht vorhanden. In so fern wäre es natürlich gut und vernünftig, ihn zu verbrennen, wie die jungen weißen FFF-Frauen und Männer fordern, aber das macht man ja nun wirklich nicht, und täte man´s massenhaft, fiele es wohl auch auf, im In- wie Ausland.
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Die Lösung des Problems ist aber schon gefunden, und es ist eine sehr elegante Lösung. Aufgrund der leeren Kassen – verursacht nicht von korrupten Inkompetenten, sondern von lauter externen Faktoren, Covid, Putin, Welterhitzung – müssen wir alle Opfer bringen (sprich: nicht alle, aber einige alte weiße Männer) und ein neues Renteneintrittsalter akzeptieren, nämlich das vollendete 70sten Lebensjahr. Schließlich werden wir alle immer älter, 90, manche 100. Und haben ja auch bis zu unserem dreißigsten Lebensjahr studiert. 30 Jahre Studium, 30 Jahre Rente, und nur 35 Jahre arbeiten und einzahlen, das kann ja gar nicht gehen. Also: Rente ab 70.
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Es schwingt Statistik mit, diffus, denn so „im Schnitt“ und überhaupt bleiben da ja noch 20 Jahre Ruhestand übrig für die unverbrannten weißen Männer, aber die Befürworter dieser sozial gerechten Regelung wissen ganz genau, dass das nicht stimmt. Und sie wissen genau, dass ihre Neuregelung tatsächlich etwas bringt, nämlich eine gewaltige Entlastung. Denn die Neuregelung wird tatsächlich viele alte weiße Männer vor Erreichen des Renteneintrittsalters umbringen, und das gute an Toten ist natürlich, dass sie gar keine Rente mehr beanspruchen.
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Wie kommt man auf so was Hässliches? Ich meine nicht mich, der so was hinschreibt, sondern jene, die ihr eigenes Vollversagen über Jahrzehnte nun kaschieren, indem sie ohnehin schon Niedergeschlagene endgültig eliminieren.
Unsere politischen Gesellschaftsplaner kennen die Zahlen. Unsere Planer und Verordner wissen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern derzeit bei 78,5 Jahren liegt, die von Frauen bei 83,2 Jahren (3). Was hierbei keine Berücksichtigung findet, ist ein anderer Faktor als das Geschlecht, nämlich der Wohlstandsgrad. Die durchschnittliche Lebenserwartung verschleiert nämlich, dass die Lebenserwartung von arm und reich sich nicht nur ein klein wenig unterscheidet, sondern gravierend. Und dass die „Lebenserwartungslücke“ zwischen beiden Gruppen seit 2020 (war da was?) dramatische Formen angenommen hat. Abkürzend, mit Verweis auf die frische angehängte Studie von Jens Höbel et. al. (basierend auf Zahlen aus dem RKI) (4) lässt sich konstatieren, dass wohlhabende deutsche Damen im Schnitt 85 Jahre alt werden, weniger wohlhabende nur 79, während wohlhabende alte weiße Männer mit 80 abtreten und ihre nicht so begüterten Klassen- und Bolzplatzkameraden von einst … zwischen 74 und 75. Erwartungstendenz fallend, und zwar recht signifikant.
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Zugegeben, da besteht noch eine problematische Finanzierungslücke. Selbst wenn man den abgearbeiteten und kaputten 70jährigen Männern noch ein soziales Pflichtjahr als Beamtenpfleger aufbrummt, drohen sie hernach immer noch 3 bis 4 Jahre Forderungen zu stellen, bevor sie endlich verschwinden. Wir dürfen aber davon ausgehen, dass sich diese Finanzierungslücke von selbst schließt, da schon die heute mit 63 oder 67 in bescheidene Rente gehenden alten Männer so kaputt sind, dass eine Verlängerung ihrer Schaffenspflicht sie garantiert 2, 3 weitere Jahre Lebenszeit kostet – vielleicht sogar mehr, wenn wir die Inflationsaschraube noch ein bisschen anziehen, das Hinzuverdienen mit einem Zweitjob nach Renteneintritt weiter verunmöglichen und ab und zu mal in den entsprechenden Stadtvierteln für ein, zwei Wochen Licht und Heizung ausdrehen. Wegen Planetenrettung. Oder wegen der Russen. Und wenn das alles nichts hilft, testen wir sie mit PCR in eine 2-Wochen-Quarantäne bei Wasser und Brot, das sollte doch dann wirklich jedem von denen den Rest geben.
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Niemand wird diese alten weißen Männer sterben sehen und hören. Es sind nicht die Wohlhabenden, nicht die Beamten und nicht jene, die unsere Gesellschaft mit Vorsatz seit 50 Jahren zu jener gestaltet haben, die sie nun mal ist. Aber es besteht nun wahrhaftig kein Anlass, ihr jungen Demonstranten, diese alten weißen Männer zu verbrennen. Zumal das doch viel zu viel Aufsehen erregen würde und bestimmt auch viel zu viel CO2.
(2) B&B #134, 7. 9. 2025, ab Minute 19:30, https://www.youtube.com/watch?v=525UEgHu5IE
(3)
Im Jahr 2024 betrug die noch verbleibende Lebenserwartung von 65-jährigen Frauen 21,2 Jahre, für 65-jährige Männer ergaben sich statistisch 18,0 weitere Lebensjahre. Das entspricht einem Anstieg von mehr als einem halben Jahr Lebenszeit seit 2023 für beide Geschlechter. Auch in diesem Altersbereich gilt: Das Vor-Corona-Niveau wurde 2024 wieder erreicht, der vorherige Trendpfad jedoch nicht.
(4) Jens Hoebel et al., The life expectancy gap: Socioeconomic differences in life expectancy
between areas in Germany (https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11948288/)
Mit Gruß an Dank an Michael Klein (Science Files) für seinen Hinweis auf die Höbel-Studie.
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